Es geht auch anders. Am Beispiel des Luise-Kiesselbach-Tunnels in der Münchner Innenstadt kann man sehen, dass es auch anders geht. Das Großprojekt wurde von Herrn Wittmann, Projektleiter im Baureferat und Verantwortlicher für die Stadttunnel begleitet
In Interview* antwortet Herr Wittmann auf die Frage: “Gibt es irgendwelche Lessons Learned, die Sie teilen möchten?” so: “Wir haben Wert auf menschliche Aspekte gelegt, auf einen ehrlichen Umgang miteinander. Außerdem braucht man Mut, Entscheidungen zu treffen. Und dabei gilt: Wer entscheidet, macht auch Fehler.”
Lesen Sie mehr zu den Prinzipien, die Ihr Bauprojekt erfolgreicher machen.

Genau das ist auch unsere Erfahrung mit Lean Management Methoden in der Planung und Steuerung von Bauprojekten. Projekte sind vom Charakter her Unikate. Im Bauwesen sind es die einmalige Zusammensetzung des Teams, die Einmaligkeit der Baubedingungen von der Planung bis zum Baugrund und natürlich die einmaligen Umgebungsbedingungen wie Wetter, Genehmigungsverfahren, Prüfergebnisse usw.

5 Lean Prinzipien

Ein Planungs- und Steuerungssystem bauen Sie aufgrund des Unikatcharakters in jedem Projekt von neuem auf. Lean Management im Bauwesen (auch Lean Construction genannt) hat seine Anfänge zu Beginn der 1990er und geht ähnlich wie Lean bei Toyota auf trail and error am Ort des Geschehens zurück. Nach 20 Jahren Entwicklungszeit durch Bauingenieure und einer weltweiten Wissenschaftsgemeinde wissen wir heute viel mehr über die optimale Planung und Steuerung von (Bau-) Projekten. 5 Lean Prinzipien:

1. Projekte kann man als Netzwerk von Zusagen verstehen – dabei machen sich die verschiedenen Beteiligten gegenseitig Zusagen. Wer versteht, wie man das Netzwerk von Zusagen knüpft und stärkt, erreicht zuverlässige Abläufe, wie sie in Projekten (im Bauwesen) bisher undenkbar waren. Das Bild zeigt die Pull-Planung beim Last Planner System in der zunächst Übergaben zwischen Gewerken definiert und in Form von „Conditions of Satisfaction“ festgehalten werden, bevor Zusagen vorbereitet und gemacht werden.

2. Eine enge Verknüpfung von Lernen und Handeln sind die Voraussetzungen für kontinuierliche Verbesserung an der Stelle, wo Lernen einen direkten Einfluss auf das Projektergebnis hat . Die Organisationen und das Vorhaben an sich sind einmalig, daher haben Sie nur diese eine Möglichkeit das Projekt zum Erfolg zu führen. Ein wichtiges Kriterium für ein Planungs- und Steuerungssystem in Projekten, ist die kontinuierliche Verbesserung der Systeme. Hierbei sind die Personen am Ort des Geschehens entscheidend. Im Bauwesen wird die Qualität des Projektmanagements an der Vorhersagbarkeit künftiger Arbeiten gemessen – also am Einhalten von Zusagen. Das hilft den Bauablauf zu stabilisieren. Es wird aus Fehlern gelernt. Die Erfahrungen fließen Woche für Woche in eine Verbesserung des Planungs- und Steuerungssystems.

3. Es bringt wenig, die Einzelteile eines Systems zu optimieren, wenn man die Leistung des gesamten Systems im Blick hat. Dies zeigt die Erfahrungen in anderen Bereichen des Lean Managements . Im Bauwesen heißt das, dass die Optimierungsbemühungen einzelner Nachunternehmer, Planer, Fachingenieure oder Generalunternehmer zum Wohl des Projektes nie zur Optimierung des Gesamtprojektes führen. Ein Optimum für den Bauherren kann nicht erreicht werden, wenn die Personen nicht in der Lage sind das gesamte Projekt a) im Blick zu haben und b) durch Ihren Einfluss und ihr Wissen optimieren zu können.

4. Eine enge Beziehungen zwischen den Projektbeteiligten ist die Voraussetzung für Innovationen (insbesondere in der Planungsphase) und Kollaboration. Lean Methoden zielen darauf ab aus einer Gruppe von Experten in kürzester Zeit ein Team zu formen. Ausgehend von einem „Nichtkennen“ zu einem Nichtverstehen, Respektlosigkeit, Mistrauen, enden einige Projekte bei der letzten Stufe- der Konfrontation. Wichtig ist, die Stufen zu Beginn des Projektes anders herum zu gehen, wie Herr Wittmann es schreibt: Man legt Wert auf das Miteinander. Am Anfang steht Kennenlernen, gefolgt von Verstehen, Respekt, Vertrauen und Kooperation.

5. Kooperation ist nicht gleich Kollaboration. Auch wenn der gute Wille der Beteiligten eine wichtige Voraussetzung zur Formung eines Teams, die offene Atmosphäre eine Voraussetzung für ehrliche Zusagen und jeder Einzelne mit der Bereitschaft sein Know-how einzubringen unabdingbar ist, so kann doch das Projekt scheitern. Denn bei Kooperation arbeiten die verschiedenen Organisationen in voneinander unabhängigen Strukturen. Sie wählen dieses Verhalten, weil Sie darin einen Vorteil für ihre Organisation sehen. Bei Kollaboration hingegen wählen die Beteiligten auf Basis einer gemeinsamen Vision und Mission eine gemeinsame Organisationsstruktur. Die Ausrichtung auf kooperatives Verhalten heißt dann mehr als nur den eigenen Vorteil zu sehen. Durch eine gemeinsame Struktur wird meine Hilfe für andere Projektteilnehmer zu meinem Vorteil, weil mein Erfolg am Erfolg der anderen festgemacht ist. Ein kooperatives Verhalten wird also durch die Struktur begünstigt. Projektverträge, wie die Integrierte Form des Bauen (IFOA) ermöglichen interaktive Prozesse zur gemeinsamen Problemlösung, geteilte Verantwortlichkeiten, Risiken und Gewinne und fördern somit Innovationen durch Kollaboration in einer gemeinsamen Projektorganisation .

Insofern hat Herr Wittmann in München eine Erfahrung gemacht, die sich durch das Last Planner System und Lean Management im Bauwesen permanent und systematisch in Projekten etablieren lässt.

Was meinen Sie zu der Entwicklung im Bauwesen. Glauben Sie, dass diese 5 Punkte für alle Projekttypen Gültigkeit haben.

Wenn Sie Interesse haben die Unterschiede an einer Vergleichsstudie beschrieben zu bekommen, dann finden Sie hier die Aufzeichnung eines Vortrages dazu.


 

* Das Interview können Sie hier nachlesen.
[1] Mehr zu den Begriffen Kooperation im Vergleich zur Kollaboration finden sie hier.